4. Kamera

4.1. Kompaktkamera

Meine erste Wahl der Kamera für die Luftbildfotografie war die Kompaktkamera RICOH FF9. Der Vorteil dieser Kamera ist neben dem geringen Gewicht und dem integrierten automatischen Filmtransport die elektrische Bildauslösung und die Möglichkeit, die Fokuseinstellung auf unendlich zu schalten. Die Kamera wird mit einer Stativschraube auf dem Kameraträger befestigt. Weniger gute Erfahrung wurde bei Diafilmen am Strand gemacht. Die Randabschattung auf den Bildern war beträchtlich.

Mittlerweile benutze ich auch eine RICOH FF10. Bei ihr kann die Brennweite im Bereich von 38mm bis 60mm eingestellt werden. Die Befestigung mit einer Stativschraube liegt bei dieser Kamera gegenüber der FF9 etwas weiter nach außen.

4.2. Spiegelreflexkamera

Vorteile bei den Spiegelreflexkameras ist die große Auswahl von hochwertigen und auswechselbaren Objektiven. Dafür muß ein hohes Gewicht und mehr Platz bei der Kamerahalterung in Kauf genommen werden. Je nach dem verwendeten Objektiv verlagert sich der Schwerpunkt der Kamera, und in der Kamerahalterung ist eine andere Position erforderlich. Wegen der Größe und des Gewichtes der Kamera müssen Servos zum Einstellen der Kamera mehr leisten als bei Kompaktkameras. Der Sucher sollte im Einsatz abgedeckt werden, damit durch rückwärtigen Lichteinfall die Belichtungseinstellung nicht gestört wird.

Erst bei meiner zweiten Kamerahalterung berücksichtigte ich die Möglichkeit, meine vorhandene Kamera RICOH KR10 zu benutzen. Ein fehlender automatischer Filmtransport wird durch einen externen Winder realisiert. Die Kamera kann nur mechanisch durch einen Drahtauslöser ferngesteuert werden. Die Kamera hat ein hohes Eigengewicht. Dazu kommt noch das Gewicht des Objektives.

4.3. Videokamera

Heutige Videokameras sind sehr kompakt aufgebaut und wiegen auch nicht mehr viel. Meine AKAI PV-MS8 wird mit einer Stativschraube auf dem Kameraträger befestigt. Kurz vor Abheben des Kameraträgersystems wird die Aufnahme an der Kamera gestartet. Die automatische Fokussierung wird abgeschaltet (manuelle Fokussierung) und auf unendlich gestellt. Das Objektiv wird auf Weitwinkel eingestellt. Videokameras bieten den Vorteil, daß der Erfolg sofort sichtbar wird und unbrauchbare Szenen wieder überspielt werden können. Neigen und Schwenken der Kamera sollte besonders behutsam ausgeführt werden, weil sonst beim Betrachten des Filmes einem schwindelig wird.

4.4. Kameras mit elektrischem Fernauslösekontakt

Die meisten älteren Spiegelreflexkameras besitzen am Auslöseknopf eine Befestigungsmöglichkeit für Drahtauslöser. Die neueren Kameras mit automatischer Fokuseinstellung haben meistens einen Spezialstecker zur elektrischen Fernauslösung. Die meisten Kompaktkameras haben keinen Fernauslösekontakt. Bei einigen Kameras ist durch entsprechenden Umbau ein Anschluß eines elektrischen Fernauslösekontaktes möglich. Wer den Umbau von Kameras scheut, muß auf Kameramodelle zurückgreifen, die mit einen elektrischen Fernauslösekontakt bestückt sind und zum Teil viel Geld für den Spezialstecker ausgeben. Eventuell werden solche gebrauchten Kameras beim Fotohändler angeboten.

In der folgenden Tabelle habe ich die mir bekannten Kameras mit elektrischem Auslösekontakt aufgeführt:

        Kamerabezeichnung       Kameratyp       Brennweite      Anschluß
        -----------------------------------------------------------------------
        CANON EOS 1             Reflex          Auswechselbar   (?3?-?)
        CANON EOS 3             Reflex          Auswechselbar   (?2?-?)
        CANON EOS 5             Reflex          Auswechselbar   (?3?-?)
        CANON EOS 500           Reflex          Auswechselbar   Bild 2
        CANON EOS 620           Reflex          Auswechselbar   (?3?-?)
        CANON EOS 5000          Reflex          Auswechselbar   Bild 2
        CANON T50               Reflex          Auswechselbar   Bild 3
        CONTAX G1               Sucher          Auswechselbar   (?1?-?)
        CONTAX G2               Sucher          Auswechselbar   (?1?-?)
        MINOLTA Dynax 7000i     Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA Dynax 8000i     Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA Dynax 9000i
        (USA: Maxxum 9000)      Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA 800si           Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA 700si           Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA 600si           Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA 9xi             Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA 7xi             Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        MINOLTA 5xi             Reflex          Auswechselbar   (?4?-3)
        NIKON F90x              Reflex          Auswechselbar   (?5?-?)
        NIKON F-100             Reflex          Auswechselbar   (?5?-?)
        NIKON F5                Reflex          Auswechselbar   (?5?-?)
        NIKON F70               Reflex          Auswechselbar   (?6?-2)
        OLYMPUS OM2             Reflex          Auswechselbar   Bild 1
        OLYMPUS OM4             Reflex          Auswechselbar   Bild 1
        PENTAX MZ-50            Reflex          Auswechselbar   (?7?-?)
        PENTAX MZ-7             Reflex          Auswechselbar   (?7?-?)
        PENTAX MZ-5n            Reflex          Auswechselbar   (?7?-?)
        PENTAX Z1P              Reflex          Auswechselbar   (?7?-?)
        PENTAX MZ-3             Reflex          Auswechselbar   (?7?-?)
        RICOH FF9               Kompakt         35 (fix)        Bild 1
        RICOH FF10
        (USA: Shotmaster)       Kompakt         38-60 (Zoom)    Bild 1
        RICOH KR10M             Reflex          Auswechselbar   Bild 1
        RICOH XR-X              Reflex          Auswechselbar   Bild 1

camcon1.gif
Bild1:
2.5mm Klinkenstecker Mono
1-2: Messen und Auslösen

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Bild 2:
2.5mm Klinkenstecker Stereo
1-2: Messen
1-2-3: Auslösen

camcon3.gif
Bild 3:
Spezialstecker Canon
1-2: Messen
1-2-3: Auslösen

5. Aufhängung

In den Anfängen der Luftbildfotografie wurde die Kamera direkt im oder am Drachen befestigt. Da besonders in Bodennähe der Drachen noch nicht stabil fliegt, ist ein Absturz und die Beschädigung der Kamerahalterung und der Kamera nicht ausgeschlossen. Ein weiterer Nachteil der Aufhängung im Drachen ist die Verlagerung des Schwerpunktes und ein Beeinträchtigen der Flugeigenschaften. Aus diesen Gründen sollte auf eine Befestigung unmittelbar am Drachen verzichtet werden.

Besser ist ein Anbringen des Kameraträgersystems in die Flugleine eines stabil fliegenden Drachens. Der Trägerdrachen hat in dem Fall den turbulenten Bodenbereich schon verlassen, und die Last in der Leine verlagert nicht den Schwerpunkt des Drachens. Das Anbringen der Kamerahalterung in die Flugleine erfolgt über eine Aufhängung, die als Pendel- oder als Picavet-Aufhängung ausgeführt sein kann.

5.1. Pendel-Aufhängung

Die Pendelaufhängung besteht aus 2 Stangen oder Rohren. Ein Element wird längs der Drachenleine an 2 Punkten an der Drachenleine verbunden und verhindert ein seitliches Verdrehen. An diesem Element wird die senkrechte Stange zur Kamerahalterung befestigt. Durch das Gewicht hängt die Kamerahalterung immer senkrecht unabhängig vom Leinenwinkel zum Drachen. Bei Änderung des Leinenwinkels zum Drachen neigt die Pendel-Aufhängung zum Schwingen. Mit einer Schnurfederung an dem senkrechten Element kann das Schwingen verringert werden.

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5.2. Picavet-Aufhängung

Durch eine aufwendige Seilführung mit meheren Umlenkungen auf einer horizontalen Fläche wird das gesamte Kameraträgersystem recht stabil gehalten. Meistens wird die horizontale Fläche an der Kamerahalterung durch ein Kreuz mit 4 Umlenkpunkten gebildet. Bei Änderung des Leinenwinkels zum Drachen hängt sich die Kamerahalterung automatisch wieder in die tiefste Stellung der Seilführung, ohne zu verdrehen oder zu kippen. Die Aufhängung wird an zwei Punkten an der Drachenleine befestigt. Der Abstand dieser Punkte sollte so gewählt werden, daß die Kamerahalterung sich immer in die tiefste Stellung bewegen kann. Werden die beiden Punkte zu dicht gewählt, so geht der Vorteil der Picavet-Aufhängung verloren und es gleicht einer Pendelaufhängung.

picavet.gif

5.3. Meine Picavet-Aufhängungen

Meine erste Picavet-Aufhängung bestand aus einem Kreuz mit einem Durchmesser von ca. 50cm. Ich mußte es immer auseinanderbauen, um es im Fotokoffer zu verstauen. Beim Zusammenbau konnte es dann leicht verdreht zusammengebaut werden. Ralf Beutnagel und Wolfgang Bieck hatten den Kreuzdurchmesser schon stark verkleinert. Bei Wolfgang liegt er bei 8cm. Das ist schon hart an der Grenze, weil der Schwerpunkt schon recht genau passen muß. Beim Fertigen aus flachen Alu-Stangen habe ich mich auf ein Maß von 20cm Durchmesser festgelegt. Das gleicht noch recht gut ungenauen Schwerpunkt aus. Die letzten Kreuze bestehen aus einem Stück. Diese haben nur einen Durchmesser von 8 bis 10cm. Da sie aus Abfällen (Rotationsmesser vom Fleischwolf) muß ich mich mit der Größe zufrieden geben. Meine Kamerahalterung für Panoramaaufnahmen liegt vom Schwerpunkt so gut, daß es keine Kippbewegung des Kreuzes beim Drehen gibt.

Die Schnurführung auf den Kreuzen habe ich mit 4mm-Augschrauben und mit Bilderhalter ausgeführt. Neuere Aufhängungen habe ich mit Mini-Seilrollen ausgeführt, die mir Ralf Beutnagel besorgt hat. Mit den Seilrollen wird wesentlich eher ausgeglichen als bei den Augschrauben oder Bilderhaltern. Dafür kosten diese Rollen auch reichliches Geld.

Beim großen Kreuz habe ich eine Polyamid-Schnur mit einer Stärke von 3mm und einer Länge von ca. 15m benutzt. Bei der Aufhängung mit den Bilderhaltern ist es wiederum eine Polyamid-Schnur, allerdings mit 1.5mm Stärke. Danach habe ich eine Aufhängung mit Augschrauben und Dyneema-Schnur (75daN) und einer Länge von ca. 15m benutzt. Bei den Aufhängungen mit den Seilrollen habe ich wiederum eine Dyneema-Schnur (75daN und 50daN) verwendet. Die Länge habe ich auf 10m reduziert. Bei langer Schnur kann die Kamerahalterung meines Erachtens tiefer zu den Befestigungspunkten liegen und sich besser ausgleichen. Ich denke da zum Beispiel bei steil fliegenden Drachen wie den Multiflare. Die Handhabung zur Befestigung ist natürlich wesentlich schlechter. Man läuft immer mit ausgestreckten Armen rum. Bei 10m ist die Handhabung schon wesentlich besser. Die Spectra-Schnur ist an sich wesentlich glatter als andere Schnüre und neigt dadurch auch schon sehr schnell zum Ausgleichen (Auch ohne Seilrollen).

Die beiden Befestigungspunkte an der Flugleine sind immer so gewählt. daß die Kamerahalterung gut in der Schnur hängt. Wolfgang Bieck hat es mal ausgetestet und meint, zwischen Hilfsring und den Umlenkungen auf dem Kreuz sollte ungefähr ein gleichschenkliges Dreieck entstehen. Genau läßt es sich nicht einhalten, weil es vom Flugwinkel des Drachens abhängig ist. Fliegt der Drachen steiler, so verkürzt sich der relative Abstand zwischen den Befestigungspunkten, und die Aufhängung kommt dem Pendel immer näher.

Ralf Beutnagel hat verschiedene Ausführungen der Picavet-Aufhängung getestet und einen entsprechenden Artikel geschrieben. Nach seiner Beschreibung habe ich mich für die Schnurführung entsprechend der Rendsburg-Seilbahn entschieden. Hier führt eine Änderung des Flugwinkels nicht zum Kippen des Systems.

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5.4. Befestigungsarten

Bei der Pendelaufhängung wird vornehmlich die Drachenleine um Belegklampen oder um Möbelknöpfe gebunden, die an der Aufhängung auf der Führungsstange parallel zur Drachenleine angeordnet sind. Je nach Zugkraft des Drachens kann das Anbringen oder Entfernen der Aufhängung auf der Drachenleine sehr schwierig sein.

Bei der Picavet-Auhängung hat sich der Prusik-Knoten bewährt. Er wird um die stramme Drachenleine gelegt. Ist der Knoten lose, so kann er auf der Drachenleine verschoben werden. Mit Anziehen des Knotens ist keine Bewegung auf der Drachenleine mehr möglich. In die Schlaufen des Prusik-Knoten werden die Fixierungspunkte der Seilführung eingehängt. Bei Verwendung von kleinen Karabinerkaken ist ein schnelles Anbringen und Entfernen der Befestigungen möglich.

Die Befestigung des Kamerahalters an die Aufhängung kann verschieden ausgeführt sein. Mit unter kann die Aufhängung fest mit dem Kamerahalter montiert sein. Wichtig bei einer lösbaren Verbindung ist, daß sich die Befestigung nicht unbeabsichtigt lösen kann.

Meine erste Befestigungsmethode bestand aus einem Aluminium-Winkel mit zwei M4-Schrauben als Befestigungsbolzen an der Kamerahalterung. Diese Bolzen paßten in entsprechende Löcher an der Aufhängung und verhindern ein Spiel in der Befestigung. Gesichert wird die Verbindung durch eine M4-Flügelmutter auf einer der Schrauben. Weil die Schrauben nicht von der horizontalen Drehung des Systems beeinflußt werden, konnte auf eine zusätzliche Sicherungsmaßnahme für die Mutter verzichtet werden. Die Befestigungsmethode wurde sowohl bei der Pendelaufhängung als auch bei den Picavet-Aufhängungen bis Frühjahr 1995 verwendet.

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Die zweite Befestigungsmethode wird durch zwei ineinander geschobene Rohre realisiert. Durch einen Splint wird die Befestigung ausgeführt und gesichert. Je nach Ausführung der Löcher für den Splint weist diese Befestigung ein Spiel in der horizontalen Achse auf. Das Einstecken des Splintes ist ebenfalls recht schwierig, da nicht zu sehen ist, ob die entsprechenden Löcher zum Durchstecken übereinander stehen.

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Störend bei den vorangegangenen Methoden der Befestigung ist der hohe Aufbau. Die zuletzt verwendete Befestigungsmethode besteht aus einer M4-Schraube an der Kamerahalterung, die durch ein Loch an der Aufhängung geführt wird. Befestigt wird die Aufhängung mit einer Flügelschraube. Wegen der Anordnung in Drehrichtung muß die Schraube besonders gegen unbeabsichtigtes Lösen gesichert werden. Dafür wird ein kleiner Splint durch ein Querloch in der Schraube angebracht.

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        1 - Aufhängung (Picavet)
        2 - Kamerahalterung

Die Befestigung zwischen Kamerahalterung und Aufhängung wird bei mir immer in Metall ausgeführt und mindestens mit einer Schraubenstärke M4. Ich habe auch schon Pendelaufhängungen mit Kohlefaserstangen gesehen. Sie sind zwar sehr leicht, aber ich traue denen in Längsrichtung keine große Belastbarkeit zu. Zumal die meisten Rohre gezogen und nicht gewickelt sind. Für die Befestigung des Kameraträgers zum Neigen kann eine Schraubenstärke kleiner als M4 verwendet werden, da sich die Kraft auf zwei Befestigungspunkte verteilt.



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©2015 Harald Prinzler